Sien-Lie Saleh

Schülerinnen und Schüler, die langsamer arbeiten oder weniger Selbstbewusstsein im HInblick auf ihre mathematischen Fähigkeiten haben, profitieren eindeutig von den kleinschrittig geführten digitalen Lernpfaden. Insbesondere wenn sie Teilschritte selbstständig wiederholen können, oder Querverweise zu “bekannten” Themen erhalten.

Sien-Lie Saleh
Lehrerin für Mathematik und Chemie

Was sind digitale Mathematik-Lernpfade?

Digitale Mathematik-Lernpfade sind Unterrichtseinheiten zu einem bestimmten Thema die

  • inidividuelles Lerntempo der Schülerin / des Schülers ermöglichen;
  • individuelle Lernwege der Schülerin / des Schülers unterstützen (= innere Differenzierung);
  • eine Bearbeitung (weitgehend) ohne Lehrkraft ermöglichen (Einzelarbeit oder Partnerarbeit);
  • das mathematische Denken anregen (dies muss nicht ausschließlich im digitalen Format erfolgen)
  • eine Struktur des Themas vermitteln: Hierzu gehört z. B. auch ein begleitender Heftaufschrieb oder Unterlagen, die die Schülerin / der Schüler erstellt oder erhält.
  • die Einbeziehung von digitalen Endgeräten erfordern

Damit unterscheiden sie sich von der Vorgehensweise inhaltlich kaum vom klassischem Mathematikunterricht. Um aktivierende und didaktisch hochwertige digitale Mathe-Lernpfade zu entwickeln, nutzt man jedoch neben den klassischen didaktischen Kenntnissen zur Unterrichtsplanung auch mediendidaktische Erfahrungen (siehe Gamification usw.).

Herausforderungen und Stolpersteine

1. “Die Technik” funktioniert nicht?

Meine digitalen Lernpfade setzen auf Browser-Technologie. Das bedeutet, dass sie letztlich nur eine Website aufrufen. Sie sind damit unabhängig vom Endgerät. Vom Smartphone über Tablet bis hin zum PC sind alle Geräte möglich. Erfahrungsgemäß sorgen die Schülerinenn und Schüler dafür, dass ihr Smartphone auf jeden Fall funktioniert. Damit haben Sie also mindestens ein Gerät zur Verfügung, das Sie einsetzen lassen können.

2. Der Aufwand zur Herstellung der Lernpfade ist zu groß?

Der Aufwand für die Entwicklung eines digitalen Lernpfades ist tatsächlich sehr viel höher, als die Entwicklung einer klassischen Unterrichtsstunde mit Tafel und Overheadprojektor. Wenn jedoch die Entwicklung nicht nur besonders technik-affinen Mathelehrkräften möglich ist, sondern jeder Lehrkraft, die ein Tablet oder PC / Mac zur Verfügung hat, dann würde sich der Aufwand aufgrund der Vorteile (Teilen und gemeinsam optimieren) lohnen. Insbesondere die gemeinsame Entwicklung von Unterichtsmaterialien nach bestimmten Konventionen teilt den Arbeitsaufwand auf und sorgt meistens für bessere Ergebnisse.

Tipp 1: Nur benutzerfreundliche Software einsetzen
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Aufgrund des Digitalpaktes gehe ich davon aus, dass es eine “Tablet-Schwemme” geben wird. Da jedes iPad (Apple-Tablet mit Betriebssysteme iOS) als Alleinstellungsmerkmal bereits ein integriertes MDM (Mobil Device Managment) besitzt, was eine zentrale Wartung (einheitliche Benutzeroberfläche, definierte App-Installation usw.) deutlich vereinfacht, gehe ich persönlich davon aus, dass wir in Zukunft viele dieser Geräte in den Schulen sehen werden. Praktisch an den iOS-Geräten ist für uns Lehrkräfte, dass sie kostenlos ein Textverarbeitungsprogramm (Pages), ein Präsentationstool (Keynote), eine Tabellenkalkulation (Numbers) und ein Videobearbeitungsprogramm (iMovie) bereitstellen – allesamt sehr bedienerfreundlich. In meinen Augen erübrigen sich dann sowohl zeitaufwendige Lehrkräftefortbildungen als auch mühsame Schritt-für-Schritt-Erklärungen mit den Schülerinnen und Schülern. Aber natürlich können Sie genauso auf andere Produkte setzen.

Tipp 2: Lehrkräfte-Tandems bilden

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Besprechen Sie sich in Ihrer Mathe-Fachschaft, welches Lehrkräfte-Tandem einen Lernpfad für welches Thema in welcher Jahrgangsstufe entwickeln möchte. Die Zusammenarbeit ist manchmal etwas lästig, führt aber gerade im digitalen Bereich zur Verbesserung der Qualität. Jeder ist digital anders unterwegs und hat daher oft eine völlig andere Sicht. Selbst wenn Sie pro Schuljahr nur ein Tandem bilden, werden Sie im Laufe der Jahre auf viele Lernpfade zurückgreifen können. Und mal ehrlich: Der Lehrstoff der Mathematik ändert sich in vielen Bereich nicht so wesentlich, dass man die Lernpfade nicht auch in 10 Jahren noch nutzen könnte. Und auch fachübergreifende Tandems können einen interessanten Perspektivwechsel geben.

Tipp 3: Schulartübergreifende Zusammenarbeit fördern

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Kooperieren Sie mit den regionalen Schulen. Im Bereich der Sek. 1 sind die Lehrpläne in Baden-Württemberg nahezu identisch. Und da eine innere Differenzierung der digitalen Lernpfade möglich ist, ist eine schulartübergreifende Zusammenarbeit auch sinnvoll.

3. Probleme mit den Urheberrechten von Materialien?

Einigen Sie sich (auch bei Zusammenarbeit mit anderen Schulen) auf Materialien, für die Sie die vollen Nutzungsrechte haben. In den letzten Jahren wurde für Medien zur vereinfachten Anwendung der internationale Standard CC Creative Commons entwickelt, bei denen Authoren ihre Werke urheberrechtlich kennzeichnen können. Auf dieser Website erhalten Sie im Download-Bereich beispielsweise für alle Medien (Bilder, Videos, Audiodateien) die vollständig übertragenen Nutzungsrechte. Das bedeutet, Sie können die Medien kostenlos verwenden, aber auch verändern – ohne Quellenangabe. Wichtig ist bei der Einrichtung von solchen Medienpools, dass Sie bei selbst hergestellten Materialien das Datum der Herstellung nachweisen können. Hierzu sollten Sie einen “Datenpool für Originale” anlegen, der auch nicht mehr geändert werden darf. Sonst könnte jemand anderer Sie beschuldigen, dass Sie seine Medien ohne Erlaubnis benutzen würden. Der Nachweis über das Herstellungsdatum eines Mediums zählt vor Gericht und ist daher wichtig.

HIlfreiche praktische Tipps sind auch in dem Buch “Freie Unterrichtsmaterialien” von Jöran Muuß-Merholz (Papier oder Kindle-Version) zu finden.