Warum man Großprojekte in der öffentlichen Verwaltung anders steuern muss…

Breslau

Sie kennen aus der Tagespresse jede Menge Beispiele, bei denen die Umsetzung eines Großprojektes zu erheblichen Zeitverzögerungen, explodierenden Kosten und personeller Unzufriedenheit geführt hat. Handelt es sich zusätzlich auch noch um ein Großprojekt der öffentlichen Verwaltung, ist das Risiko erhöht, da viele Dienstleister, die für die öffentliche Verwaltung arbeiten, dessen Arbeitsprozesse nicht kennen.

In Deutschland müssen alle Maßnahmen, für die externe Dienstleister benötigt werden, öffentlich ausgeschrieben werden.  Vergabeordnung regelt die jeweils gültigen Schwellen. Die diese Vergaben recht aufwändig schriftlich dokumentiert (Projektstart, Projektende, fachliche Einschätzung, juristische Einschätzung, haushalterische Einschätzung, bewilligte Mittel usw.) und von verschiedenen Entscheidungsträgern geprüft und bewilligt werden müssen, dauert der Bewilligungsprozess häufig länger, als dies im privatwirtschaftlichen Bereich ist. Denn an einigen Punkten des Bewilligungsprozesses kann es durchaus zu geforderten Nachbesserungen kommen, die dann zur weiteren Verzögerung führen.

Damit die Entscheidung noch Gültigkeit hat, darf der Bewilligungsprozess auch nicht zu lange dauern. Auch politische Entscheidungen können Einfluss haben (z. B. Verkürzung des Umsetzungszeitraums). Ist dies Hürde jedoch geschafft, muss es ab diesem Zeitpunkt schnell gehen, damit der beantragte Zeitplan auch noch stimmt.

Jede wichtige Änderung in der Projektumsetzung muss normalerweise von der Projektleitung in sogenannten Sachvermerken dokumentiert und archiviert werden. Daher ist die Flexibiltät, die die öffentliche Verwaltung bei der Umsetzung von Projekten hat, sehr begrenzt. Wenn Sie sich vorstellen, dass Sie ein unbekanntes Projekt von Anfang bis Ende mit allen Details beschreiben sollen, hat dies natürlich wenig mit agilem Projektmanagement zu tun. Da die Verwaltung nicht mit unbekannten Kosten umgehen kann, wird meistens darauf bestanden, einen Festpreis abzugeben. Mehraufwände sind, wenn sie vorher bedacht wurden, zwar möglich, dürfen aber auch nur in einem engen Rahmen direkt an den gleichen Auftraggeber ausgesprochen werden. Das Einholen von Angeboten für Nachbeauftragungen (Change requests) ist dann wiederum zeitverzögernd, da auch hier bestimmte Fristen eingehalten werden müssen.

Um in der Verwaltung Großprojekte erfolgreich umzusetzen ist es daher wichtig, die für Projekte notwendige Flexibilität (Maßnahmen, die erst nach einem bestimmten Projektfortschritt entschieden werden) möglichst bereits vor der Vergabe in das Pflichtenheft einzubauen. Diese Möglichkeit der Unterstützung ist jedoch – je nach Prozedere – heikel. Natürlich darf ein interessiertes Unternehmen nicht das Pflichtenheft für die Verwaltung vorformulieren, da dieser dann einen Vorteil hätte, wenn er sich auf die Ausschreibung bewirbt. Verwaltungen können jedoch sogenannte Markterkundungen machen, wo sie sich von verschiedenen Unternehmen Informationen beschaffen. Hier lohnt sich auf jeden Fall Lobbyarbeit zu machen.

Da in der Verwaltung auch eher selten professionelle Tools für die Umsetzung von Projekten vorhanden sind, ist eine weniger komplexe Aufteilung des Projekts durch den Auftragnehmer, der in der Regel den besseren Überblick hat, ratsam.

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